25. März 2012

Medizinischer Notfall

Es gibt verschiedene Gründe, warum die MAF Basis in der Western Province von Papua-Neuguinea im kleinen Dörflein Rumginae und nicht in der nahe gelegenen Stadt Kiunga ist. Einer der wichtigsten Gründe ist das hier gebaute Missionsspital und die damit verbundenen MAF Flüge für medizinische Notfälle im Busch. Diese machen rund 10% aller Flüge in dieser Region aus, was Rumginae zu einem strategisch wichtigen Ort macht, insbesondere, wenn ein medizinischer Notfall auf ein Wochenende fällt.
Es war 15:30, 26. Dezember als Doktor Addy sich mit einem laut gerufenen „Knock, Knock“ ankündigte und durch unsere immer offen stehende Tür trat. Es ist nichts besonderes, Besuch von den anderen „Weissen“ in Rumginae zu erhalten. Wir sehen uns als Missionsteam, mit einem gemeinsamen Auftrag und so ist es nur natürlich, dass man hin und wieder vorbei schaut, um zu sehen, wie’s so geht. Aber irgendwie spürte ich, dass dieser Besuch von anderer Natur war. „Es tut mir leid, deinen Ruhetag zu stören,“ waren dann auch Addy’s Worte. „Aber wir haben eine Frau in Fuma, die eben erst geboren hat und deren Zustand kritisch ist. Wir möchten sie gerne ins Spital holen.“ Hier war er also, mein erster Notfallflug ausserhalb der normalen Arbeitszeit. Ich begann mich sofort umzuziehen und die nötigen Leute zu kontaktieren. Zum einen brauchte ich die Bewilligung vom Chef-Piloten und zum anderen musste jemand das Funkgerät der MAF Basis hüten, um während dem Flug mit mir in Kontakt zu bleiben.
Eine Stunde später war ich, inklusive Ärztin und Krankenschwester, auf dem Weg nach Fuma, einem abgelegenen Dorf im Osten der Provinz. Am späten Nachmittag entstehen hier überall Gewitterwolken und damit verbunden isolierte Regenschauer. So gut es ging navigierte ich um diese Zellen herum ohne zu weit vom Kurs abzukommen. Doch je näher wir Fuma kamen, desto dichter wurden die Schauer. In Fuma selber regnete es Gott sei Dank noch nicht, aber eine Gewitterfront mit starken Schauern war vom Nordosten her im Anzug. „Ihr habt maximal 20 Minuten Zeit am Boden, bevor wir wieder starten müssen. Sonst kommen wir hier nicht mehr weg. Reicht euch das?“ brüllte ich der Ärztin über den Motorenlärm hin zu. Sie nickte und ich begann mit den Checks zum Landen.

Landevorbereitungen

Alles OK auf der Landebahn?


Es wurde ein holperiger Anflug. Die Böen brachten das Flugzeug immer wieder vom idealen Pfad ab, so dass ich die Motorenleistung ständig anpassen musste. Sobald wir sicher am Boden waren, rollte ich zum Parkplatz und stoppte den Motor.
Wir arbeiteten so schnell es ging. Die Ärztin und die Krankenschwester eilten sofort zur Patientin, um deren Zustand zu prüfen und sie für den Flug vorzubereiten. Währenddessen begann ich mit dem Wägen von Gepäck und Passagieren, denn in Papua-Neuguinea reist ein Patient nie alleine ins Spital. Hier gibt es keine Hotellerie-Abteilung und die Patienten müssen selber für Essen, Kleider waschen, usw. sorgen. Unsere Patientin wurde von ihrem Ehemann begleitet. Nachdem ich den Mann und seine Bilums (eine Art Häkel-Allzwecktaschen in PNG) gewogen hatte, machte ich mich daran sein Gepäck in den Behälter unter dem Flugzeug einzuladen. Doch als ich dem Mann das letzte Bilum abnahm und einladen wollte, entstand ein grosses Geschrei. Alle gestikulierten und sprachen gleichzeitig, bis mir klar wurde, dass in diesem Bilum das neugeborene Baby schlummerte. „Uups,“ dachte ich und gab es, mich entschuldigend, zurück. Ich war wohl etwas unter Zeitdruck?
Kurz danach luden wir die Patientin ins Flugzeug. Einzelne Regentropfen schlugen auf die Windschutzscheibe, und ich wollte so schnell wie möglich wegkommen. Während die Ärztin noch die Infusion fertig steckte, startete ich den Motor und ging durch die Checks für den Abflug. Es wurde höchste Zeit. Die Böen nahmen zu und ein leichter Regen setzte ein. Wir rollten auf die Startbahn und starteten sofort. Dank des Windes kamen wir schnell vom Boden los. Die Regenzellen um uns herum waren in der Zwischenzeit noch näher zusammen gerückt. „Bitte bleibt sitzen, bis wir aus diesem Wetter raus sind. Es wird etwas turbulent werden.“ liess ich die Passagiere wissen. Zum Glück hatten wir nach 10 Minuten das Schlimmste hinter uns gelassen.
Dies war gut so, denn mein medizinisches Personal musste sich um die Patientin kümmern, die soeben die Plazenta ausgestossen hatte. Und sie waren stolz darauf, dass sie alles sauber hinterliessen und ich nicht putzen musste.